Die Karriere eines deutschen TV-Dinosauriers

Thomas Gottschalk – der Name ist bis heute untrennbar mit der goldenen Ära des (west)-deutschen Fernsehens verbunden. Seine Zeit beim ZDF, insbesondere als Moderator der legendären Show „Wetten, dass..?„, hat ihn zu einem der bekanntesten TV-Gesichter des Landes gemacht. Über Jahrzehnte hinweg dominierte er das Fernsehgeschehen und wurde mit Mega-Gagen entlohnt, die in der Branche lange für Gesprächsstoff sorgten.

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Doch die Legende Gottschalk begann zu bröckeln, als seine Versuche, sich abseits des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu behaupten, kläglich scheiterten. Nun meldet er sich mit einem neuen Buch* zurück – und prangert „woke Zustände“ an, als ob sich die Welt gegen ihn verschworen hätte.

Die goldenen ZDF-Jahre: Showgigant und Gagenkönig

Unbestreitbar: „Wetten, dass..?“ war die größte Samstagabend-Show, die Deutschland je gesehen hat. Gottschalk, der diese Sendung im Jahr 1987 von Frank Elstner bis 2023 – mit Unterbrechungen in den Jahren 1992 bis 1993 durch Wolfgang Lippert und 2012-2014 durch Markus Lanz – moderierte, war der unangefochtene König des Familienfernsehens. Mit seinem lockeren Charme, der oft grenzenlosen Selbstdarstellung und einer großen Portion Selbstironie zog er das Publikum in seinen Bann. Gottschalk schaffte es, dass die Zuschauer ihm seine Herrenwitze und die manchmal peinlichen Momente verziehen – für eine Weile zumindest.

Doch nicht nur das Publikum liebte ihn. Das ZDF auch: Millionen von Euro flossen in Gottschalks Taschen, und er galt einst als der am besten bezahlte Moderator im deutschen Fernsehen. Diese Summen mögen damals den Erfolg rechtfertigen – heute klingen sie wie ein Relikt aus einer Zeit, in der das Fernsehen noch die unangefochtene Macht im Wohnzimmer war.

Das Scheitern bei den Privaten: Der Versuch, die Nostalgie zu verkaufen

Doch mit dem Abgang von „Wetten, dass..?“ begann der Stern des TV-Giganten zu sinken. Die Ausflüge zu den privaten Sendern, wo er bei RTL und Sat.1 versuchte, seinen Erfolg zu wiederholen, endeten mit mageren Einschaltquoten und enttäuschten Fans. Formate wie „Gottschalk Live“ oder seine Auftritte in „Das Supertalent“ wirkten verzweifelt und fehl am Platz. Das, was ihn einst so charmant gemacht hatte, schien im modernen Fernsehkontext veraltet – Gottschalk konnte nicht mit den Veränderungen Schritt halten.

Vielleicht war es sein Versuch, die nostalgische Magie der alten Tage zu konservieren, die zum Scheitern verurteilt war. Die Leichtigkeit und das improvisierte „Kumpel-Image“, die ihn einst groß machten, wirkten bei den jüngeren, dynamischen Formaten der Privatsender schlichtweg deplatziert.

Thomas Gottschalk | Bild:  Meromex, pixabay.com, Inhaltslizenz
Thomas Gottschalk | Bild: Meromex, pixabay.com, Inhaltslizenz

Altbackene Ansichten und der „Herrenwitz“

Mit der Zeit zeigte sich auch, dass Gottschalks Humor und seine Einstellungen nicht mehr den Zeitgeist trafen. In einer Ära, in der soziale Sensibilität und das Bewusstsein für Gleichberechtigung zugenommen haben, blieben seine oft als „Herrenwitze“ bezeichneten Sprüche nicht länger unbemerkt. Was früher vielleicht noch als harmlos und charmant durchging, wird heute als unangemessen empfunden. Die Kritik an seinem Verhalten, besonders gegenüber weiblichen Gästen, nahm zu.

Es ist kein Geheimnis, dass Gottschalk in seiner Rolle als Showmaster regelmäßig die Grenze zwischen charmantem Flirt und unangebracht plumpem Verhalten überschritten hat. Sein „Getatsche“ an weiblichen Gästen und seine ungebetenen Witze haben viele Zuschauer befremdet, besonders in einer Zeit, in der gesellschaftliche Debatten über Sexismus und Gleichberechtigung prominenter denn je geführt werden. Anstatt darauf einzugehen und reflektierter zu werden, verweigerte Gottschalk sich oft jeglicher Selbstkritik.

Das internationale Star-Gehabe: Show oder Show-Off?

Einer der Markenzeichen von „Wetten, dass..?“ war die Parade internationaler Stars. Gottschalk liebte es, seine Promi-Gäste aus Hollywood, dem Musikbusiness oder der Sportwelt zu umgarnen – oder zumindest den Eindruck zu erwecken, dass er mit ihnen auf Augenhöhe stand. Während das für viele Zuschauer eine spannende Abwechslung war, konnte es manchmal auch etwas aufgesetzt wirken. Es schien, als hätte Gottschalk die Show vor allem genutzt, um sich selbst in den Glanz seiner Gäste zu stellen.

Er verstand es meisterhaft, sich als charmanter Gastgeber zu inszenieren – doch auch hier überspitzte er manchmal das Spiel mit Nähe und Vertraulichkeit. Dieses Verhalten, das früher belächelt wurde, wird heute oft als unangemessen empfunden. Die Welt hat sich verändert, doch Gottschalk scheint es schwerzufallen, diese Veränderung zu akzeptieren.

Gottschalks neues Buch: Ein Dinosaurier gegen den „woken Zeitgeist“

Jetzt, im Herbst seiner Karriere, meldet sich Gottschalk mit einem neuen Buch „Ungefiltert: Bekenntnisse von einem, der den Mund nicht halten kann* “ zu Wort, in dem er mit dem „woken Zeitgeist“ abrechnet.

Er prangert an, dass man heute „nichts mehr sagen dürfe“ und stellt sich als Opfer einer überzogenen Empörungskultur dar. Er, der sich über Jahrzehnte hinweg als unantastbarer Show-Titan inszeniert hat, fühlt sich nun missverstanden und eingeschränkt.

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Doch seine Kritik an den sogenannten „woken Zuständen“ wirft Fragen auf: Geht es wirklich um die Meinungsfreiheit oder eher um die Unfähigkeit, sich anzupassen?

Während er sich als Stimme der Vernunft darstellt, die gegen übertriebene politische Korrektheit ankämpft, könnte man auch vermuten, dass er schlichtweg nicht mit der Zeit gegangen ist. Seine Aussagen wirken wie ein trotziges Aufbegehren gegen eine Welt, die sich längst weitergedreht hat – eine Welt, in der seine „Herrenwitze“ und sein Getue mit den internationalen Stars eben nicht mehr als charmant oder amüsant gelten.

Oder ist sein „Kampf um Meinungsfreiheit“ am Ende nur eine gigantische, künstliche Medienkampagne, um sein Buch besser zu vermarkten? Sollte sich dies bewahrheiten, wäre es eine ganz besondere Stufe der Zuschauer-Verachtung.

Fazit: Gottschalk – Ein Relikt vergangener Tage?

Thomas Gottschalk war zweifellos ein Gigant des deutschen Fernsehens. Seine Erfolge in den 80er und 90er Jahren haben das TV-Landschaft nachhaltig geprägt, und er wird wohl immer einen Platz in der Geschichte des deutschen Entertainments haben. Doch sein Unwille, sich den modernen Anforderungen der Medienwelt und den veränderten gesellschaftlichen Normen anzupassen, hat seinen Stern verblassen lassen.

Während viele ihn immer noch für seine großartigen Momente auf der Bühne lieben, kann man nicht leugnen, dass Gottschalk heute wie ein Relikt aus einer anderen Zeit wirkt. Sein Versuch, gegen den „woken“ Zeitgeist zu wettern, zeigt vor allem, wie schwer es ihm fällt, seine eigene Rolle in einer veränderten Gesellschaft zu hinterfragen. Es bleibt abzuwarten, ob er sich noch einmal neu erfinden kann – oder ob er endgültig als Dinosaurier des Fernsehens in die Geschichte eingeht.

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